Neutronen-Computertomographie höchst fragiler archäologischer Objekte
Feuer- und hitzegeschädigte Kulturgüter aus Holz sind aufgrund von Verkohlungen in der Regel in einem höchst fragilen Zustand. Als markantes Beispiel darf hier der verkohlte Holztorso aus der seleukidischen Zeit im Besitz der Sammlung des Vorderasiatischen Museums (Inv. VA 11689) stehen. Der Torso zeigte den Brandschaden schon, als er in Uruk ausgegraben wurde. Im Rahmen früherer Restaurierungsarbeiten wurde er mit verschiedenen Festigungsmitteln (Paraffin, Schellack, Firnis-Petroleum Gemisch) behandelt, um ihn mechanisch zu stabilisieren.
Ziel des Test Topics war es, die Anwendbarkeit einer zerstörungsfreien Untersuchungsmethode zur räumlichen Verteilung kohlenwasserstoffhaltiger Festigungsmittel in den verkohlten, sowie nicht verkohlten Bereichen entsprechend behandelter Holzprobekörper zu testen. Da es sich sowohl beim Grundmaterial Holz als auch bei den Festigungsmitteln um Kohlenwasserstoffe handelt, wurden für diese Untersuchungen Neutronenstrahlen verwendet, mit denen sich unterschiedliche Wasserstoffkonzentrationen in Materialien kontrastreich abbilden lassen, die mit Röntgenstrahlen nicht mit dem erforderlichen Kontrast möglich sind. Anders als bei Röntgenstrahlen erfolgt die Kontrastgebung im Bild der schnellen Neutronenradiographie mit schnellen Spaltneutronen (1,8 MeV) überwiegend durch das Element Wasserstoff.
Angewendet wurden Computertomographien mit schnellen Neutronen, um das Eindringen der stabilisierenden Festigungsmittel neben dem Ausmaß der Schädigung räumlich zu vermessen und bildlich darzustellen. Durchgeführt wurden sie an teilverkohlten Holzproben, die mit den verschiedenen Festigungsmitteln und Festigungsverfahren behandelt waren und am NECTAR-Instrument im Forschungsreaktor FRM II im Heinz Maier-Leibnitz Zentrum der Technischen Universität München in Garching untersucht wurden.
Durchstrahlungsverfahren erlauben nicht nur einen Einblick in den inneren Aufbau von Objekten, sondern auch in deren Erhaltungszustand, wenn geeignete Strahlenarten verwendet werden. Dies trifft auch für die Computertomographie (CT) zu, durch die lokale Besonderheiten aufzufinden sind. Die Erkennung von Einzelheiten in der Tiefe ist bei einer einfachen Durchstrahlung nicht immer möglich, sondern wird erst durch die vielen Projektionen aus mehreren Richtungen und die Rekonstruktion der Bilder ermöglicht.
Eine räumliche Wasserstoffverteilung des Festigungsmittels ließ sich erfolgreich durch das zerstörungsfreie, bildgebende Verfahren mit schnellen Neutronen (Neutronen-CT) in den behandelten Holzmodellen darstellen. In unbehandelten Proben waren sowohl die verkohlten als auch die noch erhaltene Bereiche zu erkennen. Es wurden die verschiedenen Verteilungsmuster der Wasserstoffverteilung in den unterschiedlich behandelten Proben gezeigt. Die Holzproben mit dem Festigungsmittel Leinölfirnis bzw. Paraffin stellte sich in Bezug auf die Aufnahmefähigkeit des Mittels im teilverkohltem Holz als am geeignetsten heraus. Um eine quantitative Analyse der Verteilung von wasserstoffhaltigem Material zu ermöglichen, wurde zusätzlich zur Bildanalyse die summarische Betrachtung mittels Histogrammen eingeführt. Ein Zusammenspiel von Bildanalyse und der Untersuchung quantitativer Intensitätsverteilungen verspricht auch für künftige Untersuchungen von vorgenommenen Restaurierungsarbeiten und die Planung weiterer Maßnahmen eine wertvolle Hilfestellung.
Aufgrund der mit den Neutronen-CT erzielten Ergebnisse an den Probekörpern wurde die allgemeine Anwendbarkeit dieser besonderen Methode für die Untersuchung von archäologischem Kulturgut gezeigt. Zerstörungsfreie bildgebende Verfahren mit Strahlen, die Kontraste in der Materialzusammensetzung erkennen lassen, helfen bei der Wahl geeigneter Materialien und Vorgehensweisen für konservatorische Maßnahmen. Der Erfolg der Konsolidierungsmaßnahmen in dem archäologischen Kulturgut kann also überprüft werden. Diese Ergebnisse werden für eine Optimierung und Weiterentwicklung der Konservierungsbehandlung von brandgeschädigten Kulturgütern aus Holz genutzt.