Polychromie - Erfassung und Analyse antiker Architekturfragmente
Das Test Topic verfolgte zwei Ziele:
- die exemplarische Dokumentation von Architekturfragmenten aus den Beständen der Antikensammlung (SMB) in Hinblick auf eine künftige, umfassende Erschließung der Sammlung und
- die Erforschung von Farbfassungen bzw. Farbresten auf den Oberflächen dieser Architekturfragmente, um das künftige Potenzial der Sammlung für weitergehende Forschungen zur Architekturpolychromie auszuloten.
Beide Zielsetzungen sind inhaltlich und methodisch eng miteinander verknüpft.
In dem Förderzeitraum wurden drei Architekturfragmente des Artemistempels von Magnesia am Mäander (Ende 3./Anfang 2. Jahrhundert v. Chr.) dokumentiert und untersucht: zwei ionische Kapitellen des Säulenumgangs sowie um ein Fußprofil der Cellawand. Durch ihre Größe, unterschiedliche Komplexität und aufgrund ihrer geschützten Lagerung seit der Auffindung am Ende des 19. Jahrhunderts eignen sich diese Bauteile besonders, geeignete Methoden für die geplante Dokumentation und wissenschaftliche Gesamterschließung der Berliner Architektursammlung zu ermitteln. In einer Testreihe wurden die gängigen Dokumentationsmethoden angewendet und hinsichtlich verschiedener Aspekte wie etwa dem Kosten-/Nutzenaufwand ausgewertet. Die Qualität und Nachhaltigkeit sowie die Publizierfähigkeit und Lesbarkeit der Daten wurden untersucht. Traditionelles Handaufmaß und professionelle Fotografie fanden ebenso wie digitale 3D-Methoden (Laser- und Streifenlichtscanning, photogrammetrische Verfahren) Anwendung. Die vergleichende Dokumentationsreihe wurde in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsbereich Repositories – Editions – Materials (REM) und dem Institut für Architektur der Technischen Universität Berlin durchgeführt. Die gewonnenen Daten wurden in die Publikationsplattform Edition Topoi aufgenommen und sind frei zugänglich.
Die Untersuchung der Architekturpolychromie erfolgte parallel in mehreren Arbeitsschritten: zunächst wurden Oberflächenphänomene wie Auflagen, Verwitterungen und Bearbeitungsspuren kartiert; anschließend wurden diese mittels Fotografie und Mikroskopie dokumentiert und mit zerstörungsfreien Analysemethoden untersucht (Röntgenfluoreszenz, IR- und UV- Fotografie); schließlich wurden minimale Proben der Oberflächen entnommen und vom Rathgen-Forschungslabor (SMB) analysiert. Auch wenn die abschließende Auswertung der Befunde und ihre Publikation noch aussteht, kann bereits als zentrales Ergebnis festgehalten werden, dass an allen Stücken Überzüge festzustellen sind, bei denen es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Farbfassungen handelt. Bislang wurde dieser berühmte Bau des Architekten Hermogenes nie in Zusammenhang mit antiker Architekturpolychromie diskutiert, auch weil die maßgebliche Publikation der Magnesia-Grabung von 1904 keinerlei Farbreste erwähnt. Die nun gefundenen Farbspuren eröffnen eine völlig neue Diskussion um die Erscheinung und die ästhetische Wirkung dieses Schlüsselwerks der antiken Architekturgeschichte.