Konflikte und religiös-politische Konfliktlösungen in der griechisch-römischen Welt
Das Projekt widmet sich der Erforschung von Konfliktkulturen und religiös-politischen Konfliktlösungen in der antiken Welt unter Berücksichtigung sozialwissenschaftlicher Aspekte des Umgangs mit Konflikten.
Untersucht werden die verschiedenen Bedingungen, die zur Entstehung von Konflikten in der Antike beigetragen haben. Dazu gehören Naturkatastrophen wie Erdbeben, Überschwemmungen, Missernten oder klimatische Veränderungen, aber auch Gesundheitskatastrophen wie die Pest, sowie Konflikte zwischen verschiedenen politischen Entitäten, religiösen Gemeinschaften oder sozialen Gruppen und auch sozial-politische Umwälzungen und damit verbundene Identitätskonflikte. Das Projekt analysiert die verschiedenen Ausgangspositionen und die unterschiedlichen Interessen, Meinungen und Wertvorstellungen, die mit der Deutung der Konflikte verbunden sind. Im Fokus stehen dabei die unterschiedlichen oder auch gegensätzlichen Darstellungen von Ursachen der Katastrophen und Konflikte sowie die Vielfalt der Lösungsoptionen. Darstellungen gemeinschaftlicher Konfliktlösung in Texten und Bildern werden analysiert, um antike Reflexionen über die Ursachen von Konflikten und die wichtigsten konfliktauslösenden Handlungen und ihre Protagonisten hervorzuheben.
Bei übernatürlichen Ursachen ergriffen politische, soziale oder religiöse Gemeinschaften und Individuen bestimmte religiöse Maßnahmen, um die Götter zu besänftigen. Es wird untersucht, ob die Besänftigung der Götter oder die Kontrolle der Situation durch öffentliche Autoritäten, die bestimmte Rituale durchführten, ein entscheidender Faktor für die Konfliktlösung war. Analysiert wird auch, wie durch derartige Rituale die Resilienz und Stabilisierung der Gemeinschaft gefördert wurde. Darüber hinaus werden Lösungsstrategien untersucht, die bei Konflikten, welche nicht auf übernatürliche Kräfte zurückzuführen sind, angewendet wurden, wie etwa Konsensfindung und Diplomatie. Weiter wird die Arbeitsgruppe individuelle Strategien zur Konfliktlösung, beispielsweise das Ritual der Hikesie oder der Supplicatio (Bittflehen) analysieren.
Ziel des Projekts ist war, in Berlin eine Forschungsgruppe zur Erforschung von Konflikten und religiös-politischen Konfliktlösungen in der antiken Welt aufzubauen. Die Gruppe hat seither verschiedene Arbeitstreffen durchgeführt und eine internationale Konferenz mit dem Titel "Conflict and Religious-Political Resolution in Antiquity" vom 11.-12. April ausgerichtet.
Portrait
PD Dr. Darja Šterbenc Erker ist Privatdozentin für Klassische Philologie an der Humboldt-Universität Berlin (HUB) und Assistant Professor for Latin and Roman Literature, University of Ljubljana.
PD Dr. Darja Šterbenc Erker hat in ihrer Habilitationsschrift zahlreiche rituelle und diskursive Konzepte entwickelt, die für das Jahresthema des Berliner Antike-Kollegs fruchtbar gemacht werden können. Darüber hinaus hat sich PD Dr. Darja Šterbenc Erker eine religionsgeschichtliche und literaturwissenschaftliche Methodik angeeignet, die sie zur Leitung der geplanten Arbeitsgruppe befähigen wird. In den Publikationen nach ihrem zweiten Buch (2013) hat die Projektleiterin die literaturwissenschaftlichen Analysemethoden weiter verfeinert (2023) und neuere Entwicklungen in der internationalen altertumswissenschaftlichen Forschung wie Gender Studies, Intersektionalität von Geschlecht, sozialem Status und Ethnizität bzw. "race" in der Lehre angewendet und wissenschaftlich bei drei Konferenzen vertieft.