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Wenn Waffen sprechen: Inschriftentexte auf Waffen als performative Botschaften

Gipskopien und Stanniolabdrücke von annähernd 1.000 römischen Schleuderbleien (glandes) mit Inschriftentexten kamen 2021 im Archiv des Corpus Inscriptionum Latinarum (CIL) zutage. Die Texte wurden mitgegossen oder eingestempelt und stellen nicht selten Beleidigungen und Diffamierungen des militärischen Feindes dar. Das Phänomen, auf Waffen und insbesondere Geschossen Beschimpfungen der gegnerischen Truppen, Machthaber oder Bevölkerung aufzubringen, ist bis in jüngste Zeit zu beobachten. Eine übergeordnete Betrachtung und Analyse hat es bis dato nicht gegeben. Sie sind Gegenstand des Projekts, das zwei zentrale Ziele verfolgt:

1. Die in Gips und Stanniol dokumentierten Schleuderbleie definieren den größten Sammlungsbestand dieser antiken Objekt- und Inschriftengruppe. Sie wurden im Zusammenhang mit der von Karl Zangemeister 1885 vorgelegten Edition der seinerzeit bekannten glandes mit lateinischen Texten angefertigt. Die Stücke sollen identifiziert, digitalisiert und über die Archivdatenbank des CIL Open Access zur Verfügung gestellt werden.

2. Geplant ist ein interdisziplinärer Workshop, der die Evidenz verunglimpfender, feindseliger Texte auf Waffen zusammenführen und die performativen Botschaften vergleichend analysieren soll. Dabei wird gezielt auch nach Zeugnisse gefragt, die ihre Wurzeln außerhalb Europas und der antiken Kulturen haben. Soziologische und psychologische Ansätze sollen helfen, gleichbleibende oder situationsbezogene Mechanismen zu identifizieren. Dabei wird es u. a. um die Frage gehen, ob Schmähungen immer eine Zuspitzung und Steigerung der mit Waffen ausgetragenen Konfrontation bedeuten oder aber ein Ventil sein können, das einen Konflikt entschärft und andere Weg weist, mit ihm umzugehen.

Portrait

PD Dr. Ulrike Ehmig

PD Dr. Ulrike Ehmig
Bildquelle: IKGF Erlangen

PD Dr. Ulrike Ehmig ist Privatdozentin für Archäologie und Geschichte der römischen Provinzen an der Universität Bamberg und leitet seit Sommer 2018 die Arbeitsstelle des Vorhabens Corpus Inscriptionum Latinarum (CIL) an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW).

PD Dr. Ulrike Ehmig hat Klassische Archäologie, Lateinische Philologie und Alte Geschichte studiert und wurde im Fach Geschichte und Kultur der römischen Provinzen promoviert (2000). Sie verfolgte u. a. wirtschaftshistorische Fragestellungen und setzte sich in ihrer Habilitationsschrift mit dem Umgang mit Müll in der Antike auseinander. Sie hat sich in zahlreichen Forschungsprojekten im In- und Ausland mit Studien im Bereich der lateinischen Epigraphik, speziell unter kommunikationswissenschaftlichen und soziologischen Perspektiven, sowie mit Fragen der Wahrnehmung und Handhabung von Risiken in der römischen Antike befasst.