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Blending personae – Hybrid und Identifizierung

30.10.2020 | 09:30 - 17:00

Bei der nächsten BAK-Debate steht eine bisher weniger beachtete Form des Hybriden im Fokus. Diskutiert werden die literarischen und visuellen Darstellungen von Personen, die als Mischungen aus zwei oder mehr Figuren beschrieben oder modelliert sind.

Der Begriff des Hybriden begegnet in unterschiedlichen wissenschaftlichen Kontexten. Während er in den Kultur- und Sozialwissenschaften Mischungen von Kulturen, Genderidentitäten und Diskursen beschreibt, wird er in den modernen Philologien herangezogen, um eine spezifische Art des Erzählens zu beschreiben, in der unterschiedliche Gattungsmerkmale oder, mit Bachtin, verschiedene Soziolekte zusammenführt werden. Mit Blick auf die antike Literatur und Bildkunst und die sie reflektierenden Diskurse widmet sich der Workshop einer Form des Hybriden, die bisher wenig Aufmerksamkeit erfahren hat. Gemeint sind literarische und visuelle Darstellungen von Personen, die als Mischungen aus zwei oder mehr Figuren beschrieben oder modelliert sind. Die in die Darstellung einfließenden Figuren können historische Individuen sein, aber auch mythologische Figuren oder, im Fall der bildenden Kunst, prominente, mit spezifischen personae verbundene Statuen. Solche Hybride können durch additive Verfahren entstehen, bei denen Charakteristika der Figuren übernommen und neu kombiniert werden, oder durch Verfahren einer Verschmelzung, durch die die Figuren nicht mehr in ihren Einzelheiten erkennbar sind. Ziel ist des Workshops ist es, über das Phänomen der Hybridisierung neue Zugänge zur Untersuchung des antiken Fiktionalitätsdiskurses zu eröffnen und das Verhältnis von Ästhetisierung und Identifizierung zu ergründen.

Im Zentrum des Workshops steht zum einen das Phänomen selbst: Welche Formen der Hybridisierung sind zu beobachten? Zielt die Darstellung auf Einheitlichkeit oder soll ein Kontrast zwischen den Teilen erkennbar sein? Wird die durch die Hybridisierung geschaffene Ambiguität verstärkt oder ist ein Bestreben nach Vereindeutigung zu beobachten? Wenn die Identität des Hybrids festgelegt ist: was ist der identifizierende Faktor? Ein weiterer Fokus liegt auf den ästhetischen Idealen und den literatur- und kunsttheoretischen Vorstellungen, die mit den hybriden Darstellungen verbunden sind. Zu fragen ist u. a. nach deren ästhetischer Bewertung und dem zugrunde liegenden Verständnis von Fiktion. Diese Aspekte sollen im Dialog mit Vertreterinnen und Vertreter der modernen Kunst- und Literaturwissenschaften diskutiert werden. Der Workshop nimmt eine explizit kunst- und literaturwissenschaftliche Perspektive ein. Auf Basis der erzielten Ergebnisse soll jedoch diskutiert werden, inwiefern es lohnt, das Phänomen der Hybridisierung auch in anderen Zusammenhängen – in gesellschaftlicher, philosophischer, technischer Hinsicht etc. – für die altertumswissenschaftliche Forschung fruchtbar zu machen.

Programm

9:30 – 9:45            
Willkommen und Einführung

9:45 – 10:05         
Roberto Lo Presti (Gräzistik, HU Berlin):
"Sokrates und Alkibiades, und zwar Spiegel im Spiegel: Selbsterkenntnis als Hybridisierung und Begierde nach dem Angehörigen"

10:05 – 10:25      
Hans Jürgen Scheuer (Germanistik, HU Berlin)
: "Hybrid und Phantasma. Zur Darstellbarkeit zeitlich und räumlich bewegter Kompositkörper in der vormodernen Poetik"

10:25 – 10:45       
Diskussion

10:45 – 11:15   
Pause

11:15 – 1:35      
Lisa Cordes (Latinistik, HU Berlin)
: "Den Sokrates mit Lykurg und Pythagoras mischen: Hybridisierung im philosophischen Dialog"

11:35 – 11:55      
Alexander Heinemann (Archäologie, Universität Tübingen): "Die unvermeidliche Kohärenz des Additiven. Ratloses zur sinnstiftenden Kombinatorik antiker Bilder"

11:55 – 12:15       
Diskussion

12:15 – 13:45      
Mittagsessen

13:45 – 14:05      
Ulrich Schmitzer (Latinistik, HU Berlin)
: "Ovids Scylla(e) - narrative und metamorphische Hybridisierung"

14:05-14:25      
Ingo Berensmeyer (Anglistik, LMU München)
: "Hybrids in Spenser’s The Faerie Queene"

14:25 – 14:45       
Diskussion

14:45 – 15:05      
Pause

15:05 – 15:25      
Émeline Marquis (Gräzistik, CNRS, Paris (UMR 8546 AOrOc, CNRS-PSL)): "Dio(genes) Chrysostom: Dio’s Diogenic Orations"

15:25 – 15:45      
Mathilde ter Heijne (Zeitbezogene Medien und Performance, UdK Berlin):
Vorstellung der Arbeit "Assembling Past and Present"

15:45 – 16:05       
Diskussion

16:05 – 16:15       
Pause

16:15 – 17:00     
Schlussdiskussion und Ausblick

Aufgrund der aktuellen Lage wird der Workshop digital durchgeführt. Die Zahl der Teilnehmer*innen ist auf 20 Personen begrenzt. Eine Teilnahme ist nur nach vorheriger Anmeldung per Mail möglich (lisa.cordes@hu-berlin.de). Die Zugangsdaten werden kurz vor Beginn des Workshops versendet.

Zeit & Ort

30.10.2020 | 09:30 - 17:00

Online via Zoom