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Workshop "Crisis Management: Ritualization and States of Exception in Ancient Cultures"

12.11.2020 - 13.11.2020

Im Rahmen des Test Topics "Krisen-Management: Ritualisierung und Ausnahme in antiken Kulturen" findet am 12. und 13. November ein Online-Workshop statt, der sich mit der Frage beschäftig, wie vergangene Gesellschaften auf Krisen und Katastrophen reagierten und welche Beweltigungsmethoden sie entwickelten.

Wir leben derzeit in einem völlig unerwarteten Ausnahmezustand, der von unserem normalen Alltag absticht und radikales Umdenken erfordert, im Haushalt, im öffentlichen Raum und schlicht systemumgreifend. "Corona" ist ein Synonym für die Änderung unserer selbstverständlichen Lebenspraxis. Das Virus öffnet uns die Augen durch seine Umkehrfunktionen: das Treffen zu einem Gespräch in der Bar war Alltag und wird plötzlich zur Ausnahme, während der Tod sich wieder in ungeahnter Weise als alltäglich zu erkennen gibt.

Statt gebannt auf diese Umwälzung des Lebens zu schauen, deren Überleitung in eine alte oder neue Routine wir noch gar nicht abschätzen können, laden die Altertumswissenschaften der FU Berlin dazu sein, sich Gedanken zu strukturell ähnlichen Phänomenen in der Vergangenheit zu machen: welche Mechanismen entwickelten vergangene Gesellschaften, um sich gegen derartig umfassende Ereignisse zu wappnen, die als Krisen, wenn nicht Katastrophen über Kollektive hereinfielen? Spezifischer: sind Rituale Methoden der Einübung in das Außergewöhnliche gewesen?

Folgende vier Punkte fassen das Workshop-Thema zusammen:

  • Ritualhandlungen können stark instrumentelle Züge aufweisen, die das Aufziehen von Krisen a priori vermeiden sollen. Hierzu gehört der große und viel­schich­tige Bereich von Opferhandlungen. Zu fragen ist dabei nach der Ordnungs­leistung des Opfers, das gewissermaßen als Versicherung gegenüber den Göttern abge­schlossen wird und das Funktionieren einer Gesellschaft nach außen wie innen gewährleisten soll. Wie genau verhalten sich dabei Aufwand und Nutzen und welchen symbolischen, semantischen und performativen Überschuss produzieren solche Rituale? Inszenieren und verwalten sie – trotz ihrer Regelhaftigkeit – die Ausnahme und, wenn ja, wie wird diese Grenzüberschreitung markiert?
  • Rituale werden eingesetzt, um periodische und damit einigermaßen vorhersehbare Krisen im Alltag zu gestalten und sie zu meistern. Hierzu gehören vor allem die rites de passage, die – gerade im Falle des Todes und der Bestattung – eine Über­brückungsleistung von einem alltäglichen Zustand in einen kritischen vermitteln. Andere rites de passage haben die Funktion, Rollentransfers von Individuen zu ermöglichen, ohne die zugrundeliegenden sozialen Strukturen in Frage zu stellen. Welche Aspekte von Ritualen stellen eine erfolgreiche Brückenposition bei der Rückführung in die Normalität sicher?
  • Rituale können Alltagshandlungen abwandelnd imitieren. Ein gutes Beispiel hierfür sind Feste, in denen die strukturelle Grundlage das alltägliche Mahl darstellt. Auf welche Weise werden Alltagshandlungen modifiziert, um den Ausnahmefall des rituellen Mahls aus der Unhinterfragbarkeit des Alltags abzuheben, und was sind potenzielle soziale Auswirkungen hiervon?
  • Rituale erfordern oftmals einen erheblichen Arbeits-, Zeit-, Raum- und Organi­sa­tions­aufwand. Es handelt sich meist nicht einfach um eine Distanzierung vom Alltäglichen, sondern es entwickeln sich komplexe materielle Strukturen wie große Gebäude (Tempel), Landschaftsheiligtümer und andere Paraphernalia, die das Ritual in seinem Ablauf auch lenken und diachron stabilisieren. In welchem Verhältnis stehen diese materiellen und strukturellen Ausnahmebedingungenzu einem als „normal“ wahrgenommenen Leben? Und schließlich: Was bedeutet die Einrichtung ritueller Strukturen (der Ausnahme) für die Ökonomien von Gesellschaften?

    Programm:

    12 Nov 2020 (Thursday)

    11.45
    Log in

    12.00 – 12.30
    Susanne Gödde, Reinhard Bernbeck: Opening remarks


    Session 1: Disease, Contagion and Purity

    12:30 – 12.45
    Nicole Brisch (Copenhagen): Ritual and Hygiene in Ancient Mesopotamia

    12.45 – 13.00
    Mark Geller (London/Berlin): Responding to Crisis: Infectious Diseases in Ancient Mesopotamia

    13.00 – 13.45
    Discussion

    13.45 – 14.30
    Lunch Break

    14.30 – 14.45
    Philip van der Eijk (Berlin): Crisis and Crisis Management in Graeco-Roman Medicine

    14.45 – 15.00
    Esther Eidinow (Bristol): A Crisis of Trust: Mistrust, Uncertainty and Impurity in Ancient Greek Religion

    15.00 – 15.15
    Marietta Horster (Mainz): Coping with Jupiter’s Portents and Threats

    15.15 – 16.15
    Discussion

    16.15 – 16.45
    Coffee Break

    Session 2: Mayhem at the Large Scale: Its Historical and Anthropological Face

    16.45 – 17.00
    David Fontijn (Leiden): Horsemen of the Apocalypse – a Deep History?

    17.00 – 17.15
    Evangelos Kyriakidis (Kent): Ritual as a Tool for Crisis Management: an Extreme Example from Minoan Crete

    17.15 – 17.30
    Ömür Harmanşah (Chicago): Excavating the Earth: Rituals of Apology vs. Unfettered Resource Extraction

    17.30 – 18.30
    Discussion

    13 Nov 2020 (Friday)

    Session 3: Cosmic Forces: Their Construction and Domestication through Rituals and Technology

    12.00 – 12.15
    Susanne Bickel (Basel): Ritual Responses to Crises and Natural Catastrophes in Egypt

    12.15 – 12.30
    Dagmar Schäfer (Berlin): Hanging by a (Silken) Thread: Prevention and Crisis in 13th Century East Asia

    12.30 – 12.45
    Brigitta Schütt (Berlin): Reducing Drought Vulnerability – Implementing Water Management Strategies

    12.45 – 13.45
    Discussion

    13.45 – 14.30
    Lunch Break


    Session 4: Power Rituals in Times of Crisis

    14.30 – 14.45
    Richard Bussmann (Köln): Making Crisis Relevant: Temple Ritual, Local Life and the Early State in Ancient Egypt

    14.45 – 15.00
    Cale Johnson (Berlin): Is Resilience Semiotic or Economic? Feeding the Gods in Late Uruk Mesopotamia

    15.00 – 15.15
    Constantin Willems (Marburg): Managing Crises by Way of Ritualization and Exception in Roman Inheritance Law

    15.15 – 16.15
    Discussion

    16.15 – 16.45
    Coffee Break

    16.45 – 17.00
    Cosima Möller (Berlin): The Crisis of the confarreatio Marriage: a Ritual through the Ages

    17.00 – 17.15
    Edward Swenson (Toronto): Rites of Intensification Revisited: Ritual, Order, and Alterity

    17.15. – 18.15
    Discussion / Final Discussion

Die ungewöhnlichen Vortrags- und Diskussionszeiten liegen an der Online-Natur des Workshops und den großen Zeitunterschieden der Orte der Teilnehmenden.

Aufgrund der anhaltenden Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus wird die Veranstaltung per Videokonferenz via Webex abgehalten. Anmeldungen schicken Sie bitte an: sekretariat@berliner-antike-kolleg.org.

Zeit & Ort

12.11.2020 - 13.11.2020

Online