Postkoloniale Objektepistemologien?
Auch wenn man den postcolonial studies eine "durchgängige Missachtung" von materieller Kultur und Archäologie unterstellt hat (s. P. van Dommelen - M. Rowlands, "Material concerns and colonial encounters", in: J. Maran und Ph. Stockhammer [eds.], Materiality and Social Practice. Transformative Capacities of Intercultural Discourse [2012], 21), ist dennoch festzustellen, dass gerade in den letzten 10 Jahren Autoren, Konzepte, Begriffe und Methoden, die dieser Theorieströmung zugerechnet werden können, auch in altertumswissenschaftlicher Fachliteratur rezipiert worden sind, die auf Objekte in ihrer jeweiligen sozialpraktischen Kontextualisierung fokussiert. Beispielhaft sind hier u. a. verschiedene altertumswissenschaftliche Publikationen des Heidelberger Exzellenzclusters "Asia and Europe in a Global Context" zu nennen. Dabei ist derzeit völlig unklar, in welchem Umfang diese Rezeption auf internationaler Ebene stattgefunden hat, worin ihre Schwerpunkte bestehen und welchen Einfluss sie ggf. auf die altertumswissenschaftliche Forschung und Theoriebildung im Bereich der materiellen Kultur hat.
Vor diesem Hintergrund soll eine explorative Studie altertumswissenschaftliche Fachliteratur der letzten 10 Jahre (insbesondere Vor- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie, Ägyptologie, Vorderasiatische Archäologie, Assyriologie) nach expliziten Verweisen auf Exponenten oder theoretische Ansätze der postcolonial studies durchsuchen und rezipierende wie rezipierte Literatur in einer Bibliographie zusammenstellen. Die Studie soll so nicht nur eine bibliographische Grundlage für mögliche weiterführende Arbeiten in diesem Bereich schaffen, sondern auch das Forschungspotential der ihr zugrunde liegenden Fragestellung ausloten.